Psalm. 25. Ad te domine leuaui

[655] Gebetpsalm, daß Got regieren, sünde vergeben, trösten vnd erretten wölle.


1.

An allen menschen gar verzagt

zu dir mein seel wil geben,

HERR, Got, auff dich hab ichs gewagt,

erhalt mich bei dem leben,

All mein zuflucht stell ich an dich,

laß nit zuschanden werden mich,

daß sich mein feind nit frewen.


2.

Es wirt niemand verschämet stehn

von den die auff dich bawen,

An deiner hand sie sicher gehn,

der kauff wirt sie nit rawen,

Verschämet müssen all die sein

die leyd anthun den armen dein

vn recht vnd all vrsachen.


3.

Zeyg mir den weg der grechtigkeyt,

den steyg zu dir mich lere,

Vnd leyte mich in deinr warheyt,

dann du bist Got mein HERRE,

Mein heyl vnd trost, mein hülff vnd rath,

daran mein seel ein gfallen hat

vnd stedtig darauff trutzet.


4.

Laß dir, mein Gott, zu hertzen gehn

vnd wöllst daran gedencken,

Wie all die deinen mit dir stehn

den du dein gnad thust schencken,

Von Ewigkeyt in auß ersehn,

bewaret in dem rathe dein,

da durch sie selig werden.


5.

Meiner jugent vnwissenheyt

vnd aller meiner schulde

Gdenck nit, mein Got, sie sind mir leyd,

sonder nach deiner hulde

Wöllstu, O HERR, erbarmen dich,

von allen sünden freien mich

vmb deiner güte willen.


6.

Der HERR ist gut, richtig vnd süß

allen die an jm hangen.

Ob auff dem weg schon gleit jr füß,

wirt Er sie doch empfangen

Vnd leren sie den willen sein,

geschriben in jr hertze fein

nach seinem wolgefallen.


7.

Des HERREN weg sind stedts gestelt

auff warheyt, guad vnd güten,

Den seinen Er die zusag helt

vnd wils dabei behüten

Die fragen nach dem worte sein

vnd glauben was Er lobt darinn,

wie vns die schrifft vermeldet.


8.

Vmb deines Namens willn, O HERR,

biß gnedig meiner Sünde.

Sie wächst vnd mehrt sich immermehr

vnd schreckt mich alle stunde.

Drumb leer mich dein gesetz all tag,

daß ich den weg erwelen mag

der dir ist wolgefellig.


9.

Wer lebet in der Gottes forcht

wirdt seine güter erben,

Wer im glauben seim Wort gehorcht

die sollen nicht verderben,

Der HERR ist jr verborgen schildt,

sein Geheymniß Er jn vermeldt

die nach seim willen leben.


10.

Mein augen sind all zeit zu dir,

o HERR, mein Got, gerichtet,

Daß du helffst auß dem netze mir

dern die mich han vernichtet.

Erbarm dich mein vnd sih mich an,

dann arm bin ich, von iederman

auch gar vnd gantz verlassen.


11.

Meins hertzen weh richt mich ietz hin,

komm, HERR, vnd tröst mich wider.

Schaw, wie ich gar vernichtet bin,

im elend lig darnider.

Darumb vergib die Sünde mein,

sih an, wie vil der feinde sein

die mich on sach verfolgen.


12.

Beschütz mein seel vnd rette mich,

laß mich nit gar verkommen.

Meinn trost setz ich allein auff dich,

des frewen sich die frommen,

So komm bald, HERR, vnd hilff vns auff,

Israel, deinem armen hauff,

der dir allein anhanget.


13.

Got Vatter, Son vnd Heilgem geist

wöllen wir ewig preisen,

Sein wolthat rhümen allermeist

die er vns thut beweisen,

Der vns auff erden gnug beschert,

die seel auch ewig dort ernert,

dem singn wir Haleluia.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 655-656.
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