An Calderon

[371] In deiner Dichtung Labyrinth versunken,

Wo in des ew'gen Frühlings Jugendflore

Die Schönheit Himmel wird, die Lieb' Aurore,

Und alle Blumen lichte Sternenfunken:


O Calderon, du hier schon Gottheit-trunken

Herold der Wonne, Cherub nun im Chore!

Sei dir mein Gruß gesandt zum sel'gen Ohre,

Und hohes Heil und Glorie zugetrunken.


Doch welcher Trank mag dazu würdig dienen,

Von allem, was umarmt von brünst'gen Sonnen,

Aus Trauben ihres Busens träuft die Erde?


Nur jene Reb', entsproßt am Flammenbronnen

Vesuvs, daß sie in fließenden Rubinen

Lacrima Christi, frommer Nektar, werde.

Quelle:
August Wilhelm von Schlegel: Sämtliche Werke Band 1, Leipzig 1846, S. 371-372.
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