Gustav Adolf

[83] Kommt, ihr Kinder von Teut!

Ihr Kinder von Teut! zum Tale der Schlacht.

Entblößet die Häupter, ihr Kinder von Teut!

Und schauet nieder mit heiligem Blick!

Denn hier – hier starb der Mann,

Des Taten die Lande sahn,

Und ihren Felsen geboten,

Zu beugen die Scheitel den Taten des Manns,

Und ihren Hügeln geboten,

Zu beugen ihr Haupt den Taten des Manns;

Des Taten die Meere sahn,

Und Wogen türmten,

Und Stürme beriefen,

Zu donnern ein Lob den Taten des Manns;

Entblößet die Häupter, ihr Kinder von Teut!

Denn hier – hier starb der Mann,

Des Name, wann einst

Des Ozeans Inseln sich küssen,

Und Kolumbens Welt Lusitanias Küsten umarmt,

Von fernen Völkern gepriesen,

Von fremden Zungen genannt,

Am heiligen Denkmal, im Herzen der Edlen

Noch ewig, wie Gottes Gestirne steht,

Entblößet die Häupter, ihr Kinder von Teut!

Und schauet nieder mit heiligem Blick!

Denn hier – starb – Gustav.
[84]

Es lärmt' im Tale die Schlacht,


Die Siege zu krönen, die blutige Schlacht,

Und Heldenknie sanken, und Felsenherzen erbebten

Vor Gustav Adolfs Schwert,

Und Blut der Räuber floß,

Und Blut der Witwenmörder,

Und Blut der Schänder der Freiheit floß,

Und hinan im Blute der Räuber hinan

Stürzt', als ein Racheblitz des Rächers,

Mit seinen Treuen Gustav hinan.

Er gedachte seiner Taten,

Da flammte sein Auge von Götterlust,

Seiner Taten vor Gott,

Und Himmelsruhe verklärte sein Angesicht

Und hinan, in seiner Himmelsruhe

Stürzt' an der Spitze der Treuen Gustav hinan –

Doch wehe! unter den Treuen

Lauscht' ein Verräter;

Er dachte – der Verräter – den Höllengedanken,

Und – Gustav – sank.


Ha! Verräter! Verräter!

Daß in der Todesstunde dein Weib dich verdamme,

Und wehe! über dich rufen deine Söhne,

Und deine Enkel die Tat ins Ohr dir heulen,

Bis deine Blicke erstarren im Grauen des Meuchelmords,

Und deine Seele flieht vor den Schrecken der Ewigkeit.


Wir wollten segnen

In deinem Tale, du Herrlicher!

Und schänden die heilige Stätte mit Fluch?

O Gustav! Gustav! vergib,[85]

Vergib den Eifer der Deinen,

Und neige dich freundlich herab vom Gefilde des Lohns,

Zu den Stimmen des dankenden Lobgesangs.


Dank dem Retter der Freiheit!

Dem Richter der Witwenmörder!

Dank dem Sieger bei Lipsia!

Dank dem Sieger am Lechus!

Dank dem Sieger im Todestal!


Dank und Ruhm dem Bruder des Schwachen,

Dem gnadelächelnden Sieger!

Dank und Ruhm dem Erwäger des Rechts,

Dem Feind des Erobrers, dem Hasser des Stolzen,

Dem weichen Weiner an Tillys Grab!

Dank und Ruhm und Heil dem Schützer des Frommen,

Dem Trockner der Märtyrerstränen,

Dem Steurer der Pfaffenwut – –


O Gustav! Gustav!


Es verstummt der Segen der Deinen,

Der Segen des Ewigen lohnet dich nur,

Der donnernde Jubel des Weltgerichts.

Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Stuttgart 1946, S. 83-86.
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