Viertes Kapitel.

Hier politisch, dort poetisch.

[19] Der Eintritt der Geheimräthin in die Gesellschaft erregte einen allgemeinen Aufstand; es schien ein froher. Man hatte sie nicht mehr erwartet. Die Wirthin und einige Damen embrassirten sie; die älteren Herren bemühten sich, ihr die Hand zu küssen: »Nein das ist hübsch und liebenswürdig von Ihnen, uns doch noch zu überraschen!« – »Es wäre ein halber verlorener Abend gewesen ohne die Frau Geheimräthin,« sagte der Wirth. Ein Dritter: »Je später der Abend, so schöner die Gäste.« Es war eine ansehnliche, aber etwas bunte Gesellschaft, vielleicht eine, wo die Wirthe auch solche Verwandte und Bekannte gebeten haben, welche sonst sagen konnten: »Zu so etwas werden wir nicht eingeladen!« Die Geheimräthin war von der zuvorkommendsten Freundlichkeit. Man konnte auf den ersten Blick annehmen, daß sie, wenn nicht an Stand und Vermögen, doch von Natur und Bildung von feinerer Art, ein Wesen war, was man so gewöhnlich ein höheres nennt, wenn es in Kreise tritt, die sich ihrer Gewöhnlichkeit bewusst sind. Der Neid, den es hervorruft, zeigt sich in der Regel erst dann, wenn dies vornehme Wesen seine Eigenschaften geltend machen will. Dies war bei der Geheimräthin nicht der Fall. Sie konnte nicht liebenswürdiger, bescheidener, gewissermaßen harmonischer zur Gesellschaft auftreten; sie bedauerte so sehr den Aufstand, den sie erregt.[19]

»Aber warum ist Ihr lieber Mann nicht mitgekommen? Wir sind ihm zwar unendlich verbunden, daß er sich entschlossen, unsere Frau Geheimräthin uns zu gönnen, aber es wäre doch hübsch gewesen, wenn er sich selbst entschlossen. Das hätte erst unsere Freude vollkommen gemacht.«

»Sie thun meinem Manne Unrecht,« entgegnete die Angekommene. »Wenn es nach ihm gegangen, wäre ich längst hier. Er kann es nicht sehen, wenn ich ein Vergnügen seinetwegen entbehre. Aber liebe Frau Geheimräthin,« – die Wirthin nämlich war auch eine Geheimräthin – »Sie glauben nicht, wie er jetzt mit Arbeiten überhäuft ist, und ich sehe mit wahrer Angst, wie er sich dabei anstrengt, daß sein Kopfleiden wieder heraustritt. So machte ich mir ein Gewissen daraus, ihn heut zu verlassen. Aber er hatte keine Ruhe. Wir wollten Piquet spielen; da legte er mit dem freundlichen Blicke, dem man nicht widerstehen kann, die Karten weg, streichelte mir über die Backe und sagte: Liebe Ulrike, ich werde viel mehr Ruhe haben, wenn ich Dich in heiterer, lieber Gesellschaft weiß. Du musst Dich aufheitern nur um meinetwillen. Da kann man denn nicht widerstehen.«

»Man muß gestehen, unsere Frau Geheimräthin Lupinus ist das Muster einer Hausfrau,« sagte der Wirth, »und diese Ehe eine exemplarische. Man wird nicht viele in Berlin so finden.«

»Mit Ausnahme jedoch!« sagte die Geheimräthin Wirthin, und die Geheimräthin Gast schlang sanft den Arm um ihre Schulter: »Ich kenne eine Ausnahme. Was unsere Ehe betrifft, so möchte ich ihr nur darin einen kleinen Vorzug beimessen, daß wir uns so innig verstehen, ohne es auszusprechen. Wir gehen eigentlich Jeder seinen eigenen Weg, was gewiß zu Mißdeutungen Anlaß giebt, aber Jeder fühlt für den Andern mit, er verfolgt ihn still in den Gedanken, Jeder ist unsichtbar beim Andern. Wir wissen oft nicht, woher diese Sympathie kommt, doch sie ist da. So in diesem Augenblick. Das Vergnügen, in dieser liebenswürdigen Gesellschaft zu sein, ist mir gestört, weil ich weiß, mein Mann hat nicht die Augen geschlossen und ruht nicht, wie er mir versprach, im Lehnstuhl aus, sondern er hat wieder seine Folianten vorgenommen, er vergleicht zwei alte Handschriften, er bückt sich über, er drückt die Feder, während der Angstschweiß ihm von der Stirne träuft, weil er sich die Abweichung einer Lesart nicht erklären kann. Ich sehe das Alles so deutlich vor mir, wie den Pique-As in Ihrer Hand –«

Sie fuhr sich leicht über die Stirn und erschrak über den Eindruck, den ihre Rede gemacht. Dabei kam ihr zu Sinn, daß die Gesellschaft ja durch sie vom Spieltisch zurückgehalten werde. Sie bat um Entschuldigung wegen ihrer unzeitigen Herzenseröffnung.

»Was kann eine schöne Seele Schöneres thun, als Andere[20] ihre Empfindungen mitempfinden lassen,« lispelte eine Seele, die sich wohl selbst für schön hielt.

»Nennen Sie es lieber eine Schwäche,« schüttelte die Geheimräthin den Kopf. »Die Welt will nicht, daß wir uns geben, wie wir sind, und die Welt hat im Grunde Recht.«

Nun aber hatte sie auch keine Ruhe, als bis die Herrschaften sich niedergesetzt. Ein heiteres Vergnügen zu stören, erschien ihr immer wie eine Todsünde.

Sie hatte Recht. Wer die Karte zur Whistpartie in der Hand hält, lässt sich ungern stören, am wenigsten durch Hergensergüsse einer schönen Seele.

Einige hatten die Geheimräthin schon immer für eine Clairvoyante gehalten; die Clairvoyance war in der Mode. Andere meinten, sie sei nur von einer außerordentlich reizbaren nervösen Complexion. Man bedauerte sie, es gab wohl auch Andere, die sie darum beneideten. Hier lobte man sie, wie schonend sie das Verhältniß zu ihrem Ehemann darzustellen wisse, da Jedermann bekannt sei, ein wie eigensinniger Stubengelehrter der Geheimrath wäre. Sie sei gewissermaßen eine Märtyrerin ihres feinen Sentiments. Er bereite und gönne ihr kein Vergnügen, was sie sich nicht abstehle. Eine Andere rief: »Und wie unrecht von ihm, denn von ihr kommt doch das Geld!«

Es war eine glänzende Gesellschaft aus den höheren Kreisen des mittleren Lebens. Aber man muß an eine Gesellschaft aus dem Anfang dieses Jahrhunderts ebensowenig den Maßstab des Glanzes von heut legen, als an die Komödienhäuser von damals den unserer Theater. Der Vergleich geht vielleicht noch weiter. Die Kleiderstoffe und Geschirre waren kostbarer, gediegener und dauerhaltiger, aber im künstlichen Ausbeuten und geschickten Zerlegen des Stoffes, damit jeder Theil seine Wirkung, erhalte, haben wir es weiter gebracht. Trifft das vielleicht auch auf die Unterhaltung zu? – Aber gar keinen Vergleich duldeten die Räumlichkeiten. Unsere Bürgerhäuser werden Paläste. Diese hohen Räume, die gewaltigen Fenster und Flügelthüren, welche den Zimmern die Wände stehlen, fand man zu Anfang dieses Jahrhunderts nur in den wenigen aristokratischen Häusern der nenen Stadt. Die vornehmen Bürgerhäuser in den Vierteln der Friedrichsstadt aus Friedrichs Zeit haben zum Theil anspruchsvolle Façaden, im Innern ist alles klein und zugemessen. Die niedrigen Zimmer liefen eines in das andere; dennoch blieb der Wohnung etwas wohnliches, weil Flügelthüren und Fenster nicht die Räume unnatürlich verkürzten und der Mensch Platz für sich und seine Sachen an den Wänden fand, und trauliche Winkel, sich zu verlieren.

Wovon man sich unterhielt? – Wer fasst die zückenden Irrlichter[21] zusammen, die von Mund zu Munde hüpfen. Und in einer gemischten Gesellschaft!


Hier politisch, dort poetisch,

Regelrecht wie ein Lineal,

Philosophisch und Aesthetisch

Krümmend hier sich wie der Aal,

Sprudelnd wie der Dampf vom Theetisch,

Aber überall trivial.


hat ein späterer Dichter sie beschrieben.

Ob die Geheimräthin sie auch so fand? Sie wechselte oft die Gruppen. Hier der ewige Streit, ob Goethe oder Schiller ein größerer Dichter, sei? In diesen Kreisen war es längst entschieden. Welcher Mann von Bildung hätte zarten Lippen widersprochen, welche dem Dichter, der gesungen:


Ehret die Frauen, sie flechten und weben

Himmlische Rosen ins irdische Leben.


den Preis zuerkannten! Es war nur seltsam, daß der Streit trotz der Entscheidung, immer wieder von Neuem aufgeworfen werden konnte. Eine Geheimräthin – es war aber eine dritte Geheimräthin – stellte sogar die Behauptung auf, während jede Seite in Schiller wenigstens ein nobles Sentiment enthalte, wisse sie keine einzige Sentenz in Goethe, welche die Seele rührt und erhebt. Dies fand doch Widerspruch, und man citirte aus der Iphigenie die Verse:


Wehe dem, der fern von Eltern und Geschwistern,

Ein einsam Leben führt, ihm zehrt der Gram

Das nächste Glück von seinen Lippen weg.

Ihm schwärmen abwärts immer die Gedanken

Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne

Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo

Sich Mitgeborne spielend fest und fester

Mit sanften Banden aneinander knüpften.


Ein junger Mann mit blassem, ernstem aber etwas eingefallenem Gesicht recitirte die Verse mit Ausdruck. Man schwieg eine Weile. Als die Geheimräthin sie schön fand, drückten Alle ihre Bewunderung aus. Eine Dame hatte bis da geglaubt, sie rührten von Schiller her, sie hatte die Erhabenheit des Gefühls Goethe nicht zugetraut. Doch bemerkte sie, die Verse ründeten sich nicht so wie bei Schiller, und bei aller Schönheit fehle ihnen der schmeichelhafte Klang des Gefühls. »Aber er liegt in unserer Seele, und fühlt das Weh, das uns in der einsamen Brust verzehrt,« hatte die Geheimräthin gesagt, als sie sich abwandte. Man schien sich zu fragen, was sie damit meine? Ein alter Hofrath antwortete seiner etwas schwerhörigen Nachbarin: »Sie ist eine Adlige von Geburt, und mag's nun doch[22] nicht recht verschnupfen, daß sie einen Bürgerlichen geheirathet hat. Darum hält sie wohl das von ›seines Vaters Hallen‹ auf sich anzüglich. Aber Schloß Wustenau stand schon 1762 sub hasta und sie ist auch gar nicht mal drin geboren; sie bildet sich's nur ein.« – Die Dame, vor Kurzem erst nach Berlin gekommen, war zufällig selbst eine adlige Offiziersdame, was der Hofrath vermuthlich nicht gewusst. »Wenn er ihr ein Sort gemacht hätte,« erwiderte sie, »das passirt wohl, aber wie ich höre, ist das Vermögen von ihr, et voilà qui est bien curieux.« – »Ja meine gnädige Frau,« erklärte der Hofrath, »als sie ihn heirathete, war sie ein blutarmes Fräulein, man hielt's für ein großes Glück, daß sie ihn kriegte. Erst nachher machte sie die große Erbschaft.« – »Ah! c'est ça,« sagte die gnädige Frau, und sagte nichts weiter.

»Wie kommt es, daß man den Einsiedler einmal in Gesellschaft sieht,« sagte die Geheimräthin im Vorübergehen zu dem jungen Manne der die Verse gesprochen. »Und noch mehr, wie kommt es, daß Sie Goethe noch für werth achten, ihn auswendig zu lernen? Wer so in transcendentalen Regionen der neuen Poesie schwebt, gäbe auf die alten Dichter, dachte ich, nichts mehr. Aber nehmen Sie sich in Acht, daß mein Mann nichts davon erfährt, Herr van Asten! Für ihn, wie Sie wissen, sind ja schon Goethe und Schiller Neuerer.«

Ohne eine Antwort abzuwarten, war sie vorübergeschwebt. In einem Kreise, wo man über Politik sprach, stritten sie sich, wer ein größerer Feldherr gewesen; Moreau oder Napoleon Bonaparte? Die Parteien standen scharf gesondert. Der Geheimräthin kam das sonderbar vor; den Grund wusste sie sich nicht recht anzugeben. Das Gespräch ward ihr langweilig.

Es gab aber noch einen andern Gegenstand. Man berührte ihn nicht in ihrer Gegenwart. Die Geheimräthin sah nicht allein in die Ferne, sie konnte auch dahin hören. Sie wusste genau, was gesprochen wurde, und daß sie, ihr Mann, dessen Bruder, das fatale Ereigniß der vorigen Nacht, den Stoff abgab. Vielleicht, daß sie eben darum die Gesellschaft besucht hatte, um zu zeigen, daß sie ohne Besorgniß war, oder – darüber hinweg.

Aber es gefiel ihr nicht länger, daß das Gespräch verstummte, wo sie sich näherte. Wer spielt gern die Vogelscheuche! Bei einer Whistpartie fehlte durch einen Zufall der vierte Mann. Sie zeigte sich bereitwillig, die Karte zu übernehmen. Man erkannte das ganze Opfer, welches sie brachte. Sie versicherte, wenn sie durch ihr schlechtes Spiel das Vergnügen ihrer Mitspieler störe, so sei ihre Schuld doch nicht so groß als ihre Genugthuung, in so angenehmer Gesellschaft eine Stunde zu verbringen.

Das Spiel prosperirte in der That nicht durch ihren Eintritt,[23] aber wie die Mücken um den hellsten Lichtschein, sammelte sich um diesen Tisch die ambulirende Gesellschaft. Wer fühlte sich nicht geehrt der Geheimräthin Rath zu geben, die bei ihren Fragen vielleicht mehr Unschlüssigkeit verrieth, als in ihrem Charakter lag. Und wie liebenswürdig nahm sie ihn hin. »Sie ist die charmanteste Frau!« flüsterten die Andern. Die Geheimräthin zankte auch nicht um die Points.

»So aufgeräumt, Herr v. Dohleneck?« sagte sie, die Karten prämelirend, zu einem Kavallerieoffizier, der sich neben ihr etwas brüsk auf einen Stuhl warf, den ein Civilist eben für eine junge Frau hingestellt zu haben schien. Die Dame warf dem Offizier einen bösen Blick zu, den er aber nicht bemerkte, oder bemerken wollte, und der Civilist beeilte sich, ihr einen andern Stuhl hinzusetzen, den sie aber nicht annahm, sondern ins Nebenzimmer eilte. »Sie irrten sich,« sagte die Dame, »ich wollte mich gar nicht setzen, ich suchte meinen Mann.«

Möglich, daß nur zwei Augen, vermittelst einer vorgehaltenen Lorgnette, diesen Auftritt bemerkt, der wie ein Lüftchen über den Wasserspiegel der Societät hinkräuselte, um am Ufer zu verschwinden. Aber am Ufer trieb und wühlte das Lüftchen weiter im aufgelockerten Sande.

Der ihn bemerkte, war ein Herr etwas über die mittleren Jahre hinaus, welcher eben eingetreten war und mit der Lorgnette die Gesellschaft erst zu mustern schien, ehe er sich ihr zeigte. Wir werden ihn näher kennen lernen.

Der sich auf den Stuhl warf, war – nur ein Abdruck von Hunderten oder von Tausenden. Das wohlgeformte, volle Modell eines Kriegsgottes, den man vielleicht hätte schön nennen können, wenn die Ueberfülle der Gesundheit und Kraft in dem beinahe sechsfüßigen Körper etwas mehr Elasticität, und das volle rothe Gesicht unter den blonden Haaren und dem blonden Stutzbart weniger Sorglosigkeit und weniger Gutmüthigkeit verrathen hätte. Er war ein Mann, der seinen Mann stand, aber der militärische Grimm, der auch den Mann herausfordert, welcher Miene macht, nicht stehen zu wollen, fehlte ihm.

»'S ist um sich todt zu lachen, wenn Federfuchser über Dinge schwatzen, die nicht in ihren Büchern stehn.«

»Besser todt lachen, als todt ärgern, lieber Rittmeister!« bemerkte die Geheimräthin. »Was hat Sie denn in die Rage gebracht?«

Der Offizier kam aus der politisirenden Ecke.

»Stellen Sie sich vor, schöne Frau, der Professor da, oder was er ist, Sie kennen ihn ja wohl« – er zeigte auf den jungen Mann von vorhin, jedoch mehr durch ein Augenblinzeln, indem er sich den[24] Schnurrbart strich – »der junge Herr meint, wenn's mit den Franzosen los geht, wäre es doch sehr zweifelhaft, wer Sieger bleibt.«

Man blickte verwundert und halb erschrocken auf den Redner oder auf die glücklicherweise entfernte Gestalt des Mannes in Rede.

»Na, auf Ehre, 's ist wahr,« setzte der Offizier hinzu. »Er raisonnirt von Bonaparte's Genie als Feldherr; nun, das mag er haben, wir lassen's ihm. Und 's wäre auch zweifelhaft, ob selbst Friedrichs Genie im Stande wäre, ihm überall zu pariren, wie er Daun und Laudon gethan. Nu, darüber kann man nur lachen. Aber als ich ihn fragte, was er denn zu unserer Armee meinte, wissen Sie, was er sagte –«

»Es ist mir etwas ganz Neues, daß Herr van Asten sich mit Politik beschäftigt.«

»Ich dachte, er würde nach der Rheincampagne retiriren, da hätte ich ihm mit 'ner Antwort gedient. Nein, er sagte, hören Sie, ich hab's des Spaßes wegen behalten: uns stehe ein Heer gegenüber, das aus dem jugendlichen Volksbewusstsein stets neue Kräfte schöpft, wie der heidnische Riese, ich weiß nicht, wie der Kerl heißt, der zu jedem neuen Kampfe seine Mutter Erde küsste. Ob wir denn mit unsern geschlossenen Phalangen von altem Ruhme, aber ohne den Genius, der ewig zeugt, uns getrauten eine Kraft zu werfen, die ewig neu wächst? Ich sage Ihnen, es war zum Bersten. Gut, daß keiner meiner Kameraden es gehört. Ich sagte ihm nur: Mein lieber Herr, wer die Erde küsst, macht sich das Maul schmutzig, und hol' mich Der und Jener, wenn wir unseren Soldaten nicht die Propreté eingefuchtelt haben.«

Der Verlegenheit, über die Rede zu lächeln oder sich zu äußern, wurden die Zuhörer durch den Wirth überhoben, der plötzlich mit einer Stimme, die eher auf die Kanzel als an den Whisttisch gehörte, laut sprach:

»Aber, meine verehrte Herren und Damen, Gott sei Dank, daß wir der Beantwortung dieser Frage durch die Weisheit unserer Staatsmänner überhoben sind, welche es nicht dahin kommen lassen werden, daß der Degen des großen Friedrich aus der Gruft geholt wird, um mit dem Degen des großen Mannes sich zu kreuzen, und die es nicht dulden werden, daß die beiden ruhmwürdigen und erleuchteten Nationen in andern Streit gerathen, als den, aus welchem für die Civilisation die schönsten Früchte entspringen. Wozu also dieser Dispüt, der uns nichts angeht? Die weisen und humanen Männer, denen unsere Regierung anvertraut ist, werden immer für unser Bestes sorgen, und was sie ersinnen, ist gut und wird zu unsrer Aller Ruhe beitragen.«[25]

Quelle:
Willibald Alexis: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Vaterländische Romane, Berlin: Otto Janke, 4[1881], Band 7, S. 19-26.
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